Sicht

Sicht
sehen:
Das gemeingerm. starke Verb mhd. sehen, ahd. sehan, got. saíhʋan, engl. to see, schwed. se beruht mit verwandten Wörtern in anderen idg. Sprachen auf der idg. Wurzel *sek- »bemerken, sehen«. Deren eigentliche Bedeutung »‹mit den Augen› verfolgen« ergibt sich aus den verwandten Sippen von lat. sequi »‹nach›folgen, verfolgen« (s. die Fremdwortgruppe um konsequent), aind. sácatē »er begleitet, folgt« und lett. sekt »folgen, spüren, wittern«. Wahrscheinlich liegt ein alter Jagdausdruck zugrunde, der sich auf den verfolgenden und spürenden Hund bezog. Aus der Bedeutung »bemerken« hat sich weiterhin über »zeigen, ankündigen« die Bedeutung »sagen« entwickelt, die in der unter sagen behandelten Wortgruppe erscheint. Siehe auch den Artikel seltsam. – Abl.: Seher (von Luther für »Prophet« gebraucht, aber erst seit dem 18. Jh. eingebürgert; mhd. sternseher bedeutet »Astronom«; im Nhd. steht »Seher« in Zusammensetzungen wie »Hell-, Fern-, Schwarzseher«); Sicht (s. d.; s. auch Gesicht). Zus.: sehenswürdig (18. Jh.), dazu Sehenswürdigkeit (nach 1800); Sehkraft (im 17. Jh. »Sehenskraft«).
Die verbalen Zusammensetzungen haben wie das einfache Verb viele übertragene Bedeutungen entwickelt, z. B.: absehen (frühnhd. für »abmessen, -schätzen«, besonders »mit der Büchse zielen«; daher die Wendung »es auf jemanden abgesehen haben«), dazu absehbar »überschaubar« (18. Jh.) und Absicht »Bestreben, Wollen« (im 17. Jh. für älteres »Absehen«, eigentlich »Zielrichtung, -punkt«), dazu absichtlich »mit Absicht, vorsätzlich« (18. Jh.) und beabsichtigen (18. Jh.; daneben auch die heute nicht mehr gebräuchliche Form beabsichten); ansehen (mhd. anesehen, ahd. anasehan), dazu Ansicht (mhd. anesiht, ahd. anasiht »Anblick«, im 18. Jh. aus dem Niederd. wieder aufgenommen; jetzt meist übertragen für »geistige Auffassung« und für »Wiedergabe eines Anblicks«, z. B. in Ansichtskarte, Ende des 19. Jh.s); eine andere Bedeutung entwickelten Ansehen (frühnhd. für »Achtung, Wertschätzung«; mhd. ansehen bedeutete nur »Anblick, Angesicht«) sowie die Adjektive angesehen »geachtet« (18. Jh.) und ansehnlich »auffallend, bedeutend« (16. Jh.); aufsehen (mhd. ūfsehen, ahd. ūfsehan »emporblicken«, frühnhd. für »auf etwas achten«), dazu im 16. Jh. Aufsehen »öffentliche Beachtung«, Aufseher »jemand, der auf etwas achtet, aufpasst« und Aufsicht »das Achten auf etwas« (schon im 15. Jh. beaufsichtigen); aussehen (mhd. ūz̧sehen »hinaussehen«, nhd. für »sich den Augen zeigen«), dazu Aussehen »äußere Erscheinung« (17. Jh.) und Aussicht »Blick nach draußen, in die Zukunft« (um 1700 in der Gartenkunst gebraucht); einsehen (zu mhd. īnsehen »geistiges Hineinblicken«; im 18. Jh. für »erkennen«), dazu Einsicht »das Einsehen; Erkenntnis« und einsichtig »vernünftig, verständnisvoll« (18. Jh.); nachsehen (in der Bedeutung »gewähren lassen, nicht tadeln« erst im 16. Jh.), dazu Nachsicht »verzeihendes Verständnis« und nachsichtig »voller Nachsicht« (18. Jh.); vorsehen (mhd. vürsehen »vorwärts sehen«, reflexiv »Vorsorge tragen«), dazu Vorsehung (mhd. vürsehunge »Aufsicht, Schutz«; im 18. Jh. eingeengt auf die Bedeutung »nicht beeinflussbare, nicht berechenbare über die Welt herrschende göttliche Macht«) und die Wörter Vorsicht »aufmerksames, besorgtes Verhalten (zur Verhütung eines möglichen Schadens)« (mhd. vürsiht, ahd. foresiht »Vorsorge«) und vorsichtig »mit Vorsicht« (mhd. vür-, vorsihtic, ahd. foresihtīg), die sich jetzt an »sich vorsehen« »behutsam sein« angeschlossen haben. – Die Präfixbildung ‹sich› versehen (mhd. versehen, ahd. far-, firsehan) hat mehrere Bedeutungen, jetzt besonders »‹stellvertretend› verwalten« (16. Jh.), »ausstatten, versorgen« (mhd.), »sich irren, etwas falsch machen« (nhd.; schon mhd. für »verwechseln«), dazu Versehen »Fehler« (17. Jh.). Schon im Ahd. steht sich firsehan für »hoffend erwarten, vertrauen« (daher nhd. »ehe man sichs versieht« »unerwartet«); dazu gehört das Substantiv Zuversicht (mhd. zuoversiht, ahd. zuofirsiht »Vertrauen, Hoffnung«).
Sicht:
Die westgerm. Substantivbildung zu dem unter sehen behandelten Verb (mhd., ahd. siht, niederl. zicht, engl. sight) bezeichnet wie Gesicht (s. d.) eigentlich sowohl das Sehen und Anblicken wie auch das Gesehene. So steht es in nhd. Zusammensetzungen wie »Fern-, Rund-, Rücksicht« und in zahlreichen Ableitungen zu den verbalen Zusammensetzungen von »sehen« (s. d.). In der heutigen Hauptbedeutung »Sehweite« (mnd. sicht, 15. Jh.) wurde das Wort erst im 19. Jh. aus der Seemannssprache ins Hochd. übernommen. Auch als Fachwort des Wechselverkehrs stammt »Sicht« aus dem Niederd. (»auf, bei Sicht zahlbar«; mnd. ‹ge›sicht, 15. Jh., ist in dieser Bedeutung Lehnübersetzung von it. vista). Dazu auch die Wendung »auf lange Sicht« »für lange Zeit, Dauer« (eigentlich »Laufzeit des Wechsels«, 18. Jh.). – Abl.: sichtbar »mit den Augen wahrnehmbar; deutlich, offenkundig« (16. Jh.); sichtlich »deutlich, offenbar« (mhd. sihtlich bedeutete »sichtbar«); 1sichten »erblicken« (im 19. Jh. aus der Seemannssprache); älter ist besichtigen (16. Jh.; weitergebildet aus älterem »besichten« »in Augenschein nehmen«), dazu Besichtigung (16. Jh.).

Das Herkunftswörterbuch . 2014.

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